
In der Schweiz löst sich der Gegensatz zwischen Stadt und Land zusehends auf. Das Bild einer rückständigen Landbevölkerung, die gegenüber einer weltoffenen Stadtbevölkerung traditionelle Werte und Bräuche verteidigt, stimmt schon lange nicht mehr.
Der ländlicher Raum wird nicht mehr durch ein bäuerliches Leben geprägt, und der Fuchs sagt dem Hase wieder mitten in der Grossstadt gute Nacht.
Trotzdem wird der Stadt-Land-Graben noch immer gerne beklagt. Anlässlich der Übergabe des AgrarKulturerbe-Preises der Gesellschaft für Agrargeschichte e.V. (Deutschland) an das Archiv für Agrargeschichte in Bern wurde am 28. November eine Podiumsdiskussion zum Thema Stadt-Land-Beziehung veranstaltet. Die wohl spannendste Aussage aus Stadtschnuggensicht war, dass wir nicht (nur) nach realen und konstruierten Unterschieden von Stadt und Land fragen sollten, sondern (auch) nach deren Interaktionen:
die Skizzierung von Alternativen jenseits der Graben-Metapher von Stadt und Land, kann somit auf die Lebensbedingungen derjenigen Menschen eingehen, die weder in der Stadt noch auf dem Land, sondern in der Agglomeration wohnen.
Mein Gast aus Äthiopien (siehe Beitrag vom 26.11.2014), mit dem ich quer durch das Mittelland reiste, fragte mich, ob es denn in der Schweiz keine Dörfer gäbe. Tatsächlich, im Tempo des Intercity Zuges spult sich die schnelle Abfolge von Wiesen, Äckern, Wohnhäusern und Industriegebäuden als Film einer einzigen, riesigen Agglomeration ab. Von Zürich bis Thun zum Beispiel. Fast die Hälfte der Bevölkerung in der Schweiz wohnt mittlerweile in der Agglomeration.
In der Stadt wohnen und trotzdem Schafe halten, lautet die Stadtschnuggenfrage. Ja klar, mach dir keine Sorgen, denn erstens wohnst du sowieso in der Agglo und zweitens sind die Wiesen, Weiden und Ställe mittlerweile auch in der Agglo.